Am Anfang war Alfa!

Alfa 15/20 hp von 1912

Beginnt eine solche Geschichte, die Geschichte einer der bedeutendsten Automarken der Automobilgeschichte bei "Adam und Eva"? ; oder viel mehr noch früher, nämlich damals, als der liebe Gott zum ersten Mal sagte: "Es werde Licht!"?

Schwer! Aber richtig ist, dass der erste Formel 1 Weltmeister einen Alfa Romeo fuhr, - waren die damals nicht in Mailand, der Romeo und die anderen alle? - aber am Anfang war doch Alfa, oder etwa nicht? Oder war da noch einer?

Alexandre DarracqAlexandre Darracq, Franzose, mehr Geschäftsmann als ein Techniker, Fahrradhersteller und zeitweise tätig in der Motorradindustrie, erwarb im Jahr 1899 die Patentrechte für ein Auto, welches ein anderer Franzose, ein gewisser Léon Bolléé baute. Darracq baute ab nun Autos mit Ein- und Zweizylindermotoren (Leistung zwischen 5 und 9 PS) und nahm an Rennen mit ihnen teil.

Alfa 24 hp bei der 7 Targa FlorioAb 1902 wurde Darracq mit englischem Kapital finanziert. Darracq verbesserte die Technik (ehemalige verstärkte Holzfahrgestelle wurden durch Stahlblechpressrahmen ersetzt), verbesserte die Leistung (12 PS) und nahm weiterhin an Rennen mit seinen Autos Teil. Das war nicht schlecht, denn die Wagen waren sehr erfolgreich bei diesen Rennen, wurden aber durch die vielen Verbesserungen immer teurer (30- 50.000 Schilling). Und das passte diesem Darracq überhaupt nicht in den Kram. So beschloss er nun im Jahr 1907 zwei neue Modelle auf den Markt zu bringen. In der 1906 von J.S. Smith-Winby (Vorstandsvorsitzender der Firma Darracq) angekündigten, in Suresnes neu gebauten Fabrik wurden ab nun ein 1000 ccm Wagen mit 7 PS um knapp über 20.000 Schillinge und ein 1500 ccm Modell mit 10 PS um weniger als 30.000 Schillinge gebaut, die anderen Modelle wurden dabei selbstverständlich weiter produziert.

Aber Darracq wollte mehr, er wollte nach Italien. Dort längst bekannt (was er hauptsächlich Ernesto Werheim, welcher die Niederlassung in Turin führte und dem Darracq-Repräsentanten Agostinelli in Rom zu verdanken hatte), gründete er schon 1906 die Società Anonima Italiana Darracq, anfangs mit Sitz in Neapel, später dann in Mailand.

Alfa 25 hp 1910Auf 32.000qm wurden in Portello ab nun Zwei- und Vierzylinder gebaut. Darracqs Idee war, dass das Werk in Suresnes Rohteile nach Italien liefert und dort der Zusammenbau und die notwendigen Nacharbeiten erfolgen sollten, doch nach nur zwei Jahren war Portello völlig bankrott. Der erste Grund für den Bankrott war, da die Wagen leider schlecht motorisiert waren und zudem auch unterdimensionierte Bremsen hatten, waren sie zwar als Taxi sehr geeignet, doch in den engen Bergstraßen Norditaliens unbrauchbar. Der zweite, weitaus wichtigere Grund war allerdings, die mangelnde Kooperationsgemein- schaft des französischen Werkes. Die Italiener mussten erkennen, dass ihnen minderwertiges und zum Teil unbrauchbares Material geliefert wurde. Böse Zungen behaupteten, dass der Handel mit Darracq wohl keine so gute Idee gewesen sei. Ein weiterer Grund für die leeren Hallen in Portello war auch die große wirtschaftliche Flaute nach dem Boom von 1906 - 1907, von der die französische Autoindustrie besonders getroffen wurde. 1909 wurde dann der Bau des Einzylinders eingestellt und ein Jahr darauf auch der Zweizylinder.

Historisches AlfaplakatAlexandre Darracq war zuviel Geschäftsmann, er hatte finanzielle Gründe, das Werk in Italien fallen zu lassen, nicht so einige Mailänder Geschäftsleute, welche noch 1910 voraus sahen, dass die Herstellung eines rein italienischen Automobils in der ehemaligen Darracq-Fabrik vor den Toren Mailands sowohl dem Ansehen, als auch der Wirtschaft der Stadt von großem Nutzen sein würde. Dank einer Gruppe einflussreicher lombardischer Finanziers erhielten sie von der Banca Agricola di Milano eine Anleihe über eine halbe Million Lire, zahlten Darracq aus und änderten den Firmenname in Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili, viel mehr bekannt (ohne dem "S" für Società) als A.L.F.A..

Alfahalle während des KriegesDie ersten Autos, welche man nun produzierte, stammten zwar noch von Darracqs Ein- und Zweizylindermodellen ab, doch schon bald bauten die Italiener eigenständige Autos. Es handelte sich dabei um drei Typen: den 15/20 hp mit2413 ccm, den20/30 hp mit 4084 ccm und den 40/60 hp mit 6082 ccm, welcher damals mit 82 PS angegeben wurde. Cavaliere Giuseppe Merosi entwarf alle drei Motoren, bei denen es sich um Seitengesteuerte Vierzylinder handelte. Es waren robuste und solide Autos, welche der neuen Marke alsbald zu einer größeren Bekanntheit in Italien verhalfen als Darracq sie hatte; innerhalb weniger Jahre beschäftigte die Fabrik über 300 Mitarbeiter und produzierte bis zu 350 Autos im Jahr, welche vorerst kaum exportiert wurden.

Ing. Nicola Romeo1911 nahm A.L.F.A. erstmals offiziell an Rennen Teil. Erster großer Auftritt war die Targa Florio (Sizilien), wo leider beide Wagen ausfielen. Die Fahrer damals waren Franchini und Ronzoni, vermutlich beide auf einem 20/30er. Nach erfolgloser Teilnahme an der "Targa" von 1912 verzichtete man 1913 darauf, mit einem A.L.F.A. dort zu starten, allerdings wurde Franchini zweiter in einem 40/60er beim berühmten Bergrennen Parma - Boggio de Berceto. 1914 durchfuhr Giuseppe Campari den fliegenden Kilometer mit 147,5 km/h. Dieser Wagen hatte einen Vierzylindermotor mit 4,5 Liter Hubraum. Bei der Targa Florio im selben Jahr scheiterten drei A.L.F.A. abermals, doch wurden Campari und Franchini Vierter und Dritter bei der Coppa Florio 1914 auf dem 443 km langen Rundkurs von Mandonie.

Historisches Alfa Romeo PlakatTrotz der Bekanntheit der Wagen, zumindest in Italien hatte die Marke aber große finanzielle Schwierigkeiten, doch mit der Übernahme des Werkes durch Nicola Romeo 1915 - der 1. Weltkrieg war mittlerweile voll im Gang - begann für A.L.F.A. eine neue Ära. Eingeleitet hat diese Übernahme der damalige Hauptaktionär, die Banca di Sconto, denn schon seit längerem war Romeo Vorsitzender eines Zusammenschlusses von Maschinenbauunternehmen in Städten wie Trient, Triest und Gorizia. Im Februar 1918 wird diesem Industrieimperium der Name "Società Anonima Italia Ing. Nicola Romeo & Co." gegeben. Zu dieser Zeit stand die Automobilproduktion noch immer still, es verließen Kompressoren, Eisenbahnteile, Traktoren und sogar Pflüge das Werk - und durch einen Regierungsauftrag entstanden in den Spezialhochöfen Legierungen und Stahl, welche für den Bau von Isotta-Fraschini V6 Flugzeugmotoren verwendet wurden.

Alfa Romeo FabrikDer Krieg war zu Ende und Nicola Romeo, sowie seine Partner waren sofort von der Idee begeistert, den Bau italienischer Sportwagen in Portello wieder aufzunehmen. Schon im November 1918 begann die Produktion mit weiterentwickelten Vorkriegsmodellen, wobei wieder Giuseppe Merosi für die Fahrzeugentwicklung verantwortlich war. Auf dem Firmenzeichen war ab nun ALFA-ROMEO zu lesen.

© by Jürgen Schütz

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